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Wasser, Wasser und zu viel Wasser

Nach so viel Steinen wenden wir uns nun dem Element Wasser zu und fahren zum „kleinen Meer“, ins größte Sumpfgebiet Argentiniens und wollen bis zum breitesten Wasserfall der Welt.

Mar Chiquita

Zufällig haben wir „das kleine Meer“ auf Google Maps für uns entdeckt, das bei voller Ausbreitung, d.h. nach viel Regen, der größte Salzsee Südamerikas ist. Da das Wasser hier nicht abfließen kann, ist auch eine Besiedlung der Uferfläche schwierig und so gibt es letztendlich mit Miramar nur eine Stadt direkt am See. Auch sie wurde einige Male überschwemmt, wovon viele zurückgebliebene Überreste von Hotels, Häusern und Anlagen in Ufernähe zeugen.

Das gesamte salzhaltige Feuchtgebiet (Nationalpark und Naturschutzgebiet Ansenuza umfassen annähernd 6600 qkm was 1/3 der Fläche von  Rheinland-Pfalz entspricht) gehört damit zu den größten der Welt, beherbergt 36 % der einheimischen Vögel und ist so ein Mekka für Bewunderer der gefiederten Freunde.

Miramar

Eine mysteriöse Geschichte dieser Stadt erzählen die Ruinen des „Gran Hotel Viena“, die zugleich auch Schwurbeleien vom Feinsten nähren:

Der Deutsche Max Pahlke leitete in den 1930er Jahren die argentinische Niederlassung einer großen deutschen Stahlrohr-Firma, die später eng mit Nazi-Deutschland verknüpft war. Er zog 1936 mit seiner Familie von Buenos Aires nach Miramar, da sein Sohn angeblich an Schuppenflechte litt und diesem das Klima und der mineral- und salzhaltige Schlamm Linderung verschafften. Pahlke ließ schließlich von 1940-1945 einen riesigen und luxuriösen Kurhotel-Komplex mitten in dem damaligen Niemandsland neben dem 1400-Seelen-Dorf erbauen und benannte ihn, seiner österreichischen Frau zuliebe, „Grand Hotel Wien“. Merkwürdigerweise verzog er mit seiner Familie kurz nach Fertigstellung und Einweihung mitsamt den kompletten Unterlagen und überließ die Verwaltung seinem Sicherheitschef. Dieser wiederum wurde Jahre später vergiftet aufgefunden und von dessen Verlobten fehlte jede Spur. Die Gerüchte wabern also um Nazi-Geldwäsche, Nazi-Versteck, von Hitler als prominentesten Gast bis hin zum Gespenst besagter Verlobten.

Der Komplex wurde ab 1964 wieder touristisch genutzt bis er 1980 zunächst teilweise überschwemmt wurde und 1985 schließlich sich das Salzwasser die kompletten Kellergewölbe holte. Heute ist er nur mit Führung als Museum zu besichtigen.

Dass in Lateinamerika viele der deutschen Migranten Nazi-Verbrecher oder ehemalige DDR-Prominente und Stasi-Mitarbeiter sind, ist bekannt. Laut den Einheimischen leben sie hier inzwischen harmonisch in unmittelbarer Nachbarschaft…

Esteros del Iberá

Das gesamte Feuchtgebiet in der Provinz Corrientes umfasst insgesamt ca. 39.000 qkm (zum Vergleich: Bayern misst ca. 70.000 qkm) – ebenfalls abhängig von den letzten Regenfällen, davon sind ca. 1950 qkm Nationalpark plus Provinzpark und Schutzgebiete. Es wird von seinen Ausmaßen nur vom Pantanal übertroffen.

Ein Wermutstropfen sind die Kieferplantagen als Monokultur im Schutzgebiet, die der Harzgewinnung dienen.

Trotzdem ist die Flora und Fauna dem des Pantanal ähnlich, wie der Jaguar, der hier wieder ausgewildert wird. Auf einer Insel im Nationalpark haben sie sich seit 2021 auf inzwischen 17 Wildkatzen vermehrt und man überwacht mit Wildkameras, wann sie den Zeitpunkt wählen, von der Insel ins restliche Feuchtgebiet überzuwechseln. Das mag für uns west-europäische Braunbär-Panikmacher seltsam erscheinen, aber auch im großen argentinisch-brasilianischen Nationalpark der Iguazú-Wasserfälle wurde schon der ein oder andere Jaguar auf dem Besucherparkplatz gesehen.

Momentan teilen sich hier noch hauptsächlich Wasserschweine und Kaimane unbekümmert denselben Lebensraum, da Letztere auf Grund ihrer geringeren Größe sich vorrangig von Fischen und Vögeln ernähren. Daneben gibt es auch allerhand andere Wildtiere, wie Hirsche, Füchse, Nandus und unzählige Vögel bis zu einigen Affen.

Der Nationalpark hat nur wenige begeh- oder befahrbare Zugänge. Wir wählen das kaum frequentierte Portal San Nicolás und das wunderbar verschlafene und liebenswerte Städtchen San Miguel. Hier ist die Welt noch in Ordnung – die Kinder spielen Ball oder haben Spaß zu zweit auf einem viel zu großen Fahrrad und die Erwachsenen schließen ihre Häuser oft nicht einmal ab. Daher entspannen wir nach einem meditativen Ausflug in den Nationalpark einfach noch ein bisschen weiter.

Die nächsten Ziele sollen die Wasserfälle von Moconá und danach Brasilien sein. Die Wetteraussichten dazu sind Regen und noch mehr Regen. Ich überrede Thomas das Ganze ein bisschen in der Provinz Missiones auszusitzen, wo wir schon komplett durchnässt ankommen. Wir sitzen eine geschlagene Woche und es ist immer noch keine Änderung in Sicht – der Zugang zu den Wasserfällen ist und bleibt deswegen bis auf Weiteres geschlossen und die brasilianische Motorrad-Destination Santa Catarina hat ebenfalls buchstäblich „Land unter“. 

Also mal wieder eine Planänderung – unser Freund Fernando hat uns zu einem Motorrad-Ausflug nach Mar del Plata an der argentinischen Küste eingeladen. Das sind bis dahin schlappe 1500 km, also für südamerikanische Verhältnisse nicht weit. Wir beschließen einen kleinen Umweg über Uruguay um unser argentinisches Visum zu erneuern. Auf dem Weg dorthin wird uns das Ausmaß der Regenfälle erst bewusst, da wir auf der größeren (befahrbaren) Straße lange Zeit zu beiden Seiten nur Wasser sehen:

Da wir danach schon einmal ganz woanders sind als geplant, rauschen wir als Nächstes nach Mendoza weiter.

Mendoza

Zwei Dinge kann man in Mendoza besonders gut: Feiern und Entspannen.

Für Beides stehen erstklassige Weine aus den umliegenden Gütern und schmackhafte Biere aus den nicht weniger bekannten großen und kleineren Brauereien zur Verfügung. Beides kann man auf der „Aristides“ (die große Schwester der Münchener Leopoldstraße) in unzähligen Cafés, Restaurants und Bars.

Einmal nüchtern begibt man sich am Besten in den Stadtpark mit weitläufigen Grünanlagen, Kiosken mit Speis und Trank, Spazierwegen bis hin zu einem künstlichen See für Ruderregatten, wo man den Sportbegeisterten müßig zuschauen kann.

Der vorläufige Abschied aus Mendoza und Argentinien wird vom Grenzübergangspass „Los Libertadores“ Richtung Santiago de Chile gekrönt:

Auf Wiedersehen Argentinien, bis bald – wir waren schon lange nicht mehr in der chilenischen Hauptstadt…

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Ein Traum! Danke für´s mitnehmen! Und Respekt!