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1001 Landschaft

Auf unserem langen Weg von über 4000 m Höhe nach „unten“ begegnen wir Antonio in dem Städtchen Abancay. Er ist ein älterer Herr, der nur so vor BMW-Emblemen strotzt und uns daher begeistert beim Bepacken unserer Mopeds anspricht. Wie sich herausstellt, ist er nicht nur der ultimative BMW-Fan, sondern hat auch jahrelang mit seiner BMW R 100 GS ganz Peru bereist und kennt es wie seine Westentasche. 45.000 Fotos hat er dabei gemacht und das im analogen Zeitalter der Fotografie! So schickt er uns auch eines, wie er auf der gleichen Brücke wie ich steht, nur vor 40 Jahren.

Auf unserem weiteren Weg abwärts fahren wir vorbei an brennenden, qualmenden Bergabschnitten, geraten in der Hochebene auf  fast 4500 m in Schneeregen und Hagel bei heftigem Wind und blicken danach immer noch eine gefühlte Ewigkeit auf kleinere Berge, die „nur“ ca. 2000er sein dürften.
Wir verlieren uns in schier endlosen Kurven, bis ich in einiger Entfernung eine vermeintliche Düne sehe. Thomas winkt ab – so große Dünen gibt es nicht! Und doch erfahren wir später, dass es der berühmte Cerro Blanco (weißer Berg) ist – mit 2080 m die höchste Düne der Welt. Die Wüste naht also doch.

Nazca

Diese so unspektakuläre, nicht touristische Kleinstadt erfreut uns! Keine Souvenirläden, zigdutzend Tourenanbieter und Touristennepp, sondern nur ganz normale Einwohner und Geschäfte.
Die Meisten fahren nur wegen der weltberühmten Nazca-Linien vorbei, derweil gibt es so viel mehr Interessantes zu entdecken, was das Herz eines kleinen Hobby-Archäologen höher schlagen lässt!

Wir machen einen Ausflug zu den Pyramiden von Cahuachi, die vom ca. 1. – 5. Jhd. n. Chr. ein zeremonielles Zentrum der Nazca-Kultur waren. 35 sind es insgesamt und nur eine davon ist bisher zu 80% ausgegraben.
Man nimmt an, dass damals die Bewohner aus der nebenan befindlichen Oase direkt im Anschluss an die religiösen Zeremonien bei den Pyramiden die nahe gelegenen Nazca-Linien abgeschritten sind.

Ganz in der Nähe von Nazca befindet sich auch der Chauchilla-Friedhof, der Mumien in ihren offenen Gräbern zeigt. Diese stammen aus der Zeit vom 2. Jhd. v. Chr. – 9. Jhd. n. Chr. und wurden ursprünglich von Grabräubern entdeckt und entsprechend geplündert. Das Faszinierende an den Mumien ist ihr guter Zustand, der noch Haare und teilweise Haut erkennen lässt. Dies ist dem extrem trockenen Klima der Wüste und einem einfachen Balsamierungs-Mix aus Salz, Zinnober, Cayennepfeffer und Kräutern zu danken, wie uns unser Guide erzählt. Die Höhergestellten unter den Toten trugen lange Zöpfe, ähnlich Dreads, die man ebenfalls noch immer gut erhalten, um sie herum auf dem Boden gelegt, erkennen kann. Alle Verstorbenen wurden damals in der Hocke nach Süden, zur Sonne hin, ausgerichtet.
Ich bin vollkommen hingerissen, fotografiere akribisch jede Mumie mindestens einmal und Thomass Geduld wird bis an die äußerste Belastungsgrenze ausgereizt.

Direkt an Nazca angrenzend sind die Aquädukte von Cantalloc. Auch sie wurden vermutlich von der Nazca-Kultur angelegt und dienten zur Wasserversorgung und (noch bis heute) zur Bewässerung der Felder. Die Kanäle wurden unterirdisch, entlang von der Regenzeit genährten Bachläufen, ca. 1 qm breit ausgeschachtet. Um diese sauber zu halten und von Verstopfungen befreien zu können, wurden spiralförmige Zugänge zu den Kanälen angelegt, die man dort sehen kann. Die verbauten Steine dazu wurden aus den Bächen geholt. Auch hier werden alle einzelnen „Ojos“ (Augen) von mir abgelaufen und inspiziert – Thomas gibt auf.

Als Letztes widmen wir uns den weltbekannten Linien in der Wüste. Wir verzichten auf den teueren Flug und sehen sie uns von der Straße oder vom Aussichtsturm an. Nicht nur direkt bei Nazca gibt es sie, sondern auch kurz vor dem anschließenden Ort Palpa – dort wurden sie von anderen Kulturen geschaffen.

Auf dem Weg Richtung Lima machen wir noch einen kurzen Stopp an der Oase Huacachina, die an eine riesige Sanddüne grenzt. Sie lockt damit Wagenladungen von Touristen an, die dort sandboarden, mit Buggies fahren oder mit kleinen Booten übers Wasserloch schippern. Nix für uns – wir entfliehen diesem Ort.

Lima

Hauptsächlich müssen wir zur Inspektion der Mopeds in die Hauptstadt und 10-Millionen-Metropole. Wir fahren an einem Sonntag ein, da ist der Verkehr noch erträglich. Abgesehen davon sind wir heil durch La Paz gekommen und halten uns seitdem für unverwundbar…
Spaß beiseite – es wird uns mehrfach eindringlich empfohlen, die Stadt wegen des unsäglichen Verkehrs am Besten um 5 Uhr morgens zu befahren oder zu verlassen, denn es gibt hier keine entlastende Metro oder Seilbahn.
Aber wir sind erst Mal drin, geben unsere Maschinen in fachmännische Hände, machen ein bisschen Sight-Seeing, entdecken eine Lehmpyramide mitten in der Stadt, laben uns an köstlichstem Ceviche und treffen uns mit lieben Einheimischen – dem Motorrad-Abenteurer und Tour-Guide Frank Meyer nebst Gattin Martha.

Von Frank bekommen wir auch den Tipp für unser nächstes Ziel, das im peruanischen Regenwald liegt: Eine Stadt, die dort einst von deutschen und österreichischen Siedlern gegründet wurde und die jahrzehntelang nur auf sich gestellt waren.

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