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Durch die Dades-Schlucht über namenlose Pässe bis in ein Reich von Game of Thrones

Südlich von Fès wird die Landschaft karger und weiter, das Klima trockener und heißer. Man spürt, die Wüste rückt näher. Wir biegen jedoch westwärts ab, denn wir wollen zur Dades-Schlucht, die ein Magnet für einheimische Motorradfahrer sein soll.

In Boumalne häufen sich dann tatsächlich auch die Motorradfahrer, die sonst eher selten zu sehen sind. Die Dades-Schlucht ist nicht mehr weit. Am Anfang der Schlucht haben wir über AirBnB die Unterkunft Auberge Kasbah Ait Marghad gebucht und wie sich herausstellt, zufällig mit einem genialen Blick auf eine der Hauptattraktionen – den Monkey Fingers. Wieder mal ein Glücksgriff! Die gesamte Herberge ist liebevoll im Berber-Stil mit viel Teppichen gehalten und von unserem Zimmer aus haben wir einen Blick auf die Schlucht mit einem dort beginnenden Wanderpfad und waschenden Frauen unten am Fluss. Die Geräuschkulisse beschränkt sich hauptsächlich auf Wasserplätschern, Vögelgezwitscher, einige Hähne und Eselsrufe. Herrlich! Youssef, der Eigentümer, erzählt uns auf Englisch, dass wir seit Monaten seine ersten Gäste sind und die nächsten erst in zwei Wochen kommen. Auch hier hat Corona viele Herbergen und Lokale in den Ruin getrieben. Wer kein zusätzliches Standbein, wie z.B. eine kleine Landwirtschaft hat, nagt buchstäblich am Hungertuch. Schlimm, denn dieser Eindruck begleitet uns schon die ganze Zeit – und nicht erst seit Marokko.

Am nächsten Morgen wollen wir nicht nur die kurzen Serpentinen bis zum Aussichtspunkt der Dades-Schlucht fahren, sondern weiter, vorbei an kleinen Dörfern und Äckern, wo noch landschaftlicher Anbau in über 2400 m Höhe betrieben wird. Wir haben uns eine Verbindung zur Todra-Schlucht ausgesucht, die ca. 60 km Schotterpiste beinhaltet. Wie wir während der Fahrt herausfinden, bietet diese nicht nur wunderschöne Aussichten auf die umliegenden Berge, sondern auch einen namenlosen Pass auf annähernd 3000 m Höhe. Konzentration ist angesagt. Einen Eindruck davon gibt dieses Video:

Am Ende der Piste, in Agoudal, werden wir beim Studieren der Karte von einem Haufen kleiner Rotzlöffel umringt, die zuerst Geld, dann Stifte fordern und sich schließlich erstaunt, nach ein paar energischen Brocken in Berber meinerseits, mit ein paar Drehungen am Gashahn zufriedenstellen lassen.

Zurück geht es abermals über einen namenlosen und spektakulären, diesmal  asphaltierten, Pass hinunter zur Todra-Schlucht. Dort lauern wieder fliegende Händler, die uns ihren Nippes andrehen wollen. Wir machen deshalb keinen Halt in einem der einladenden Cafés oder Lokale und essen lieber bei Youssef, der ein auch ein passionierter Koch ist. Trotzdem es uns hier so gut gefällt, machen wir uns am nächsten Morgen zu unserem nächsten Ziel Ait Ben Haddou auf, da wir die Unterkunft schon gebucht haben.

Wir durchqueren wieder unendliche Weiten und bemerken an den Bergen zu unserer Rechten ein unerklärliches und unnatürlich helles Leuchten an einem fixen Punkt. Neugierig, wie wir sind, biegen wir ganz einfach in diese Richtung ab und können dann schon etwas später ein raketenähnliches Gestell neben dem Leuchten ausmachen. Eine Raketenbasis – hier? Schon etwas zögerlicher, aber immer noch neugierig, nähern wir uns weiter bis wir einen Lastwagen mit Militär neben einer Schranke erkennen können. Wir befinden, dass wir nun schnell Land in die andere Richtung gewinnen sollten… Nach späteren Recherchen finden wir heraus, dass es sich um das größte solar-thermische Kraftwerk der Welt gehandelt hat, das logischerweise in der sonnenreichsten Region der Welt errichtet wurde.

Anschließend durchfahren wir Ouarzazzate und obwohl wir keine Fans von Städten sind, können wir uns dem dem Charme dieses Ortes nicht entziehen – er wirkt wie eine Wüstengroßstadt und die Straßen sind breit und sauber, die Protagonisten vorwiegend europäisch gekleidet. Vielleicht ein bisschen wie die französische Filmfeststadt Cannes, aber auf marokkanisch. Kein Wunder, die Stadt ist reich. Hier gibt es zwei große Filmstudios und weltberühmte Filmproduktionen wie seinerzeit „Lawrence von Arabien“ oder „Der Mann, der König sein wollte“ wurden hier gedreht. Schon im Vorbeifahren sehen wir unser Ausflugsziel des nächsten Tages, das Dorf Ait Ben Haddou, das unter Anderem die Kulisse für „Gladiator“ und „Game of Thrones“ war.

Am nächsten Mittag bei über 30 Grad verkneifen wir uns den etwas längeren Fußmarsch in voller Motorradmontur runter und wieder rauf ins eigentliche Dorf und machen stattdessen lieber ganz entspannt damit im Hintergrund unsere neuen Profilfotos. Morgen werden wir unseren Abstecher zur Film- und Fotokulisse beenden und uns Pässen, wie den Tizi n’Tichka und Tizi n’Test, zuwenden.

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